Emotionalen Herausforderung eines Auslandaufenthaltes meistern
Auch wenn das Wort mehr nach Viertklässlern klingt, die zum ersten Mal ohne Eltern ins Landschulheim fahren und dort am zweiten Tag ein Maß an Verlorenheit empfinden, das allen erwachsenen Betreuuern lächerlich erscheint: Heimweh ist ein Thema im Auslandsstudium. Egal, wie erfahren man ist, egal wie großartig man sich eingelebt hat, egal wie viele neue Freunde einem zur Seite stehen. irgendwann kommt der Moment, da kann man den Atlantik zwischen sich und Eltern und Freunden körperlich spüren.
Wie gehe ich mit Heimweh um?
Bestimmte Momente sind dafür prädestiniert: Weihnachten, die Ankunft, der Geburtstag. Manchmal überfällt es einen aber auch einfach ungefragt und hinterrücks. Plötzlich ist das Heimweh da. Die Zeitverschiebung für dazu, dass man keine Antworten auf WhatsApp oder Facebook Nachrichten nach 16 Uhr bekommt. Die Intensität der Kontakte mit Freunden in Europa wird plötzlich von deren Schlafgewohnheiten abhängen. Mit den Eltern telefonieren? Muss im Voraus geplant werden. Und manchmal sind es auch die dezente Sehnsucht nach gutem Brot, bezahlbare Mozarella oder der Einfachheit , sich mit allen auf seiner Muttersprache unterhalten zu können. Du selbst spürst die Abwesenheit der Freunde viel deutlicher als umgekehrt. Schließlich ist für sie eine Person nach Kanada abgewandert, während für dich selbst sich das gesamte Umfeld geändert hat
Der Schlüssel zu solchen Situation ist, sich denen gegenüber zu öffnen, die in der gleichen Situation sind. Die neuen Freunde vor Ort. Auch sie fühlen sich manchmal fremd, haben Heimweh oder fühlen sich verloren. Schon allein deswegen, weil man erst dann bedeutungsvolle Beziehung zu Menschen aufbauen kann, wenn man ihnen auch Zugang zu den verlässlichen Seiten des eigenen selbst gewährt, sollte man über solche Gefühle dringend mit anderen reden.
Das Fernweh kennt kein Ende
Ist man erst einmal zurück, wird es noch schwieriger sein, die Füße stillzuhalten wie zuvor. Ein sehr simpler, aber auch fundamentaler Aspekt des Lebens und Studiums in Kanadas ist, dass es plötzlich wieder erste Male gibt. Alltäglichkeiten wie Einkaufen, ein Konto eröffnen oder durch die Stadt streifen haben den Hauch des Verwegenen, einer Entdeckungsreise. Nach der ersten Woche der Wiedereingliederung, wenn schon niemand mehr die launigen Kanada Anekdoten hören möchte oder noch einmal erzählt bekommen will, wie viel spannender das Studium dort doch war, freut man sich zwar immer noch über Feta für einen Euro, trotzdem kommt der Alltag dröge daher. Und verlangt nach einem erneuten Ausbruch aus dem normalen Alltag eines Studierenden. Heimweh ist auch nur der kleine Bruder von Fernweh. Auch wenn Heimweh stigmatisierter und aufreibender ist.
Man hat auf das Gefühl, während des Auslandsaufenthaltes leichter an Menschen heranzukommen als im normalen Alltag. Denn auch dasist ein Paradoxon des Auslandsaufenthaltes:. In Gesprächen hat man mitunter das Gefühl, mehr kulturelle Überschneidungen mit dem Doktoranden aus Oman zu haben als mit den kanadischen Studierenden, neben denen man täglich in der Vorlesung sitzt. Das liegt nicht daran, dass die deutsche Mentalität der arabischen näher ist als der kanadischen. Sondern einfach an der Tatsache, dass man die Erfahrung des Fremdsein teilt.
Die Erfahrung des Fremdseins teilen
Ihr beide seid ins kalte Wasser gesprungen. Habt Sicherheiten und soziale Netze hinter euch gelassen. Wurstet es Euch mit imperfekten Sprachkenntnissen durch den Alltag. Verlangt der kanadischen Kultur ab, eure Bedürfnisse genauso zu erfüllen wie die eigenen, dabei aber spannender, durchlässiger und auf jeden Fall überraschender zu sein.
Gleichzeitig ist dies auch einer der magischen Momente, die Menschen mit ganz verschiedenen Geschichten und Hintergründen zusammenbringt und sie zu Mitstreitern avancieren lässt. Bei allen Schwierigkeiten bezüglich Sprache und Kommunikation geht es ja vor allem darum, nicht aufzugeben. Sich nicht entmutigen zu lassen. Aktiv etwas für die eigene Integration tun. Insofern generiert man ein ganz anderes Verständnis für Ausländer im eigenen Land, kann deren Schwierigkeiten besser nachvollziehen und effektiver helfen.
Ein Gefühl für Kanada bekommen
Wenn du zurück bist, werden manche Nachrichten weniger abstrakt und fern sein. Weil du Menschen eben jener Stadt kennst, die dadurch die Nachrichten flimmert. Kanada wird kein vager Assoziationsraum mehr sein, sondern eine Gesellschaft, mit der durch intensiv, Tag für Tag auseinandergesetzt hast. Ein Land, in dem du studiert hast und dich erfolgreich durch Klausurenphasen und Präsentationen gekämpft hast.
Du wirst Menschen, die mit der deutschen Sprache zu kämpfen haben ein ganz anderes Verständnis entgegenbringen können. Das gilt auch für internationale Studierende an deiner Heimatuniversität. Sich aus dem Gewohnten, der Komfortzone hinaus zu bewegen, ist auch als weltwärts gewandter, neugieriger Student keine Kleinigkeit.
Persönlichkeitsentwicklung dank Auslandsstudium
Am Ende wird sich ein Semester oder auch nur ein Trimester relevanter und lehrreiche anfühlen, als ein normales ganzes Jahr. Wie nebenbei wirst du ein Gefühl dafür entwickeln, wie ein anderes Land tickt. Auch wenn du es dir auf der Karte tausendmal vor die Augen wirst, wirst du niemals das gleiche Gefühl für Ausmaß und Weite Kanadas entwickeln, als wenn du dich selbst in einen Greyhound Bus setzt. Du wirst verstehen, warum sich Quebec wie das kleine gallische Dorf gebärdet. Und beim Gedanken hat Poutine wird dir ebenso wehmütig um den Gaumen werden wie zuvor im kanadischen Supermarkt beim Anblick von dem, was sie als Brezeln bezeichnen.