Was kann das kanadische Studentenleben? Wie ist der Alltag für Studierende an kanadischen Universitäten? Was ist anders, was ist besser, worauf sollte man gefasst sein? Ein Auslandssemester ist ein Sprung ins kalte Wasser. Deswegen möchte dir diese Webseite – und dieser Beitrag helfen, ein wenig mehr über den kanadischen Studienalltag zu verstehen. Der Alltag an kanadischen Universitäten unterscheidet sich stark von dem an deutschen. Um eines gleich vorweg zu sagen: natürlich gibt es einige Hürden zu umschiffen und manche großartigen Dinge an deutschen Universitäten werden dir fehlen, aber du wirst auch eine ganze Menge neuer großartiger Entdeckungen machen.
Grundlegender Aufbau
Der grundlegende Aufbau des Studiums ist recht gut mit jenem in Deutschland vergleichbar. Es gibt folgende vier wichtigen Kategorien.
Vorlesung | Seminare und Diskussionsgruppen | Labor oder Studio | Tutorien |
Vermittlung der Theorie | Interaktive und anwendungsorientierte Wissensvermittlung | Praktisches Arbeiten, Vermittlung von Methoden | Ziel ist es, den behandelten Stoff noch einmal zu vertiefen, Fragen können geklärt werden, häufig mit Übungsaufgaben |
Große Zahl an Studierenden | Kleinere Gruppen von Studierenden | Meist allein oder zu zweit | Kleinere Gruppen von Studierenden, meist von Promovierenden gehalten |
Alle Fachbereiche | Vor allem gesellschaftswissenschaftliche Fachbereiche | Natur- und Ingenieurs-wissenschaften, Künste | Alle Fachbereiche |
Für internationale Studierende empfehlenswert | Nur für internationale Studierende mit flüssigen mündlichen Sprachkenntnissen geeignet, oft werden Noten für die mündliche Mitarbeit vergeben | Für internationale Studierende empfehlenswert | Meist als Ergänzung einer Vorlesung konzeptioniert, Belegung nur in Kombination möglich/sinnvoll |
Dem Modulkatalog ist meist leicht entnehmbar, um welche Art von Veranstaltung es sich handelt. Für internationale Studierende sind Vorlesungen meist die einfachste Möglichkeit, da hier meist keine anderen Module vorausgesetzt werden und der Stoff meist recht in sich abgeschlossen ist.
Die Atmosphäre an kanadischen Universitäten
Angesichts der Studiengebühren ist das Selbstverständnis einer kanadischen Universität ganz anders als das einer deutschen. Sie sehen sich eher als Dienstleister und weniger als administratives Konstrukt. Das bereichert das Campusleben enorm und hat auch große Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen Lehrenden und Studierenden. Die angebotenen Serviceeinrichtungen können deutsche Studierende ins Schwärmen versetzen. Besonders die internationalen Büros sind eine großartige Anlaufstelle, die internationalen Studierenden tatkräftig bei allen Anlaufschwierigkeiten in Kanada zur Seite steht. Die Universitäten unternehmen mehr für Gemeinschaftsgefühl, Image und Strahlkraft. Entsprechend gibt es unter kanadischen Studierenden eine starke Identifikation mit der Universität. Das spiegelt sich sogar in den Rankings wieder: Zufriedenheit ist der wichtigste Faktor im einzigen nationalen Hochschulranking in Kanada, dem Maclean’s University Ranking. Dazu trägt auch der Sport bei. Universitätsteams haben ein hohes Renommee, die Tickets sind zumeist günstig, die Liga sehr spannend. Dies erzeugt auch eine gewisse Fankultur und einen großen Gemeinschaftssinn.
Allerdings sind andere Aspekte für Deutsche auf den ersten Blick eher bizarr. Doch auch diese Verhaltensweisen haben ihre Gründe. In Kanada sind die Studiengänge allerdings meist anders organisiert, so dass deutlich mehr Wahlfreiheit besteht. Infolge dessen kennen sich die Studierenden eines Studiengangs meist kaum. Freunde werden nicht durch Vorlesungen, sondern eher im Sport oder in Hochschulgruppen kennen gelernt. Es ist eher gängig, vor und nach der Vorlesung nicht mit anderen Studierenden zu plaudern. Die Universität ist primär kein Raum sozialer Interaktion. Als internationaler Studierender kann man dies zwar durchbrechen, sollte sich aber der Tatsache bewusst sein, dass die Kanadier schlicht und einfach ein ganz anderes Verständnis vom Campusleben haben. Natürlich variieren hier auch die Gepflogenheiten von Fach zu Fach und verändern sich vor allem bei kleinen Studiengängen und bei Fächern, die Laborpraktika oder Exkursionen vorsehen. Hier kennen sich die kanadischen Studierenden meist gut untereinander, es besteht ein Zusammengehörigkeitsgefühl.
Wichtige Anlaufstelle – Das International Student Office
Dies ist die Anlaufstelle Nummer eins für die internationalen Studenten. Hier werden vor allem bürokratische Probleme gelöst und die Integration internationaler Studierender in die Universität erleichtert. Oft werden auch Workshops, Sprachkurse und Vernetzungstreffen angeboten. Außerdem werden auch oft Partys, Ausflüge oder Kneipenabende über das internationale Büro organisiert. Den Erstkontakt hast du mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits bei der Bewerbung. Oft bekommst du dort auch Rechts- und Finanzberatung oder kannst zumindest an entsprechende Angebote weiter verweisen werden.
Der Stresslevel an kanadischen Universitäten
Bei der Frage, wie hoch der Arbeitsaufwand in Kanada sein wird, fallen erst einmal zwei gegenläufige Tendenzen zusammen: Zum einen muss man sich zuerst in ein komplett neues System einfinden, die soziale Unterstützung fehlt und das Studium muss auf einer Fremdsprache absolviert werden. Dazu kommt noch, dass besonders am Anfang viele Dinge organisiert werden müssen und einiges an Papierkram anfällt. Gleichzeitig bekommt man als internationaler Studierender mehr Unterstützung, kann Kurse freier wählen und darf teilweise Hilfsmittel wie Wörterbücher in Klausuren nutzen. Außerdem steht man weniger unter Notendruck als in Deutschland. Schließlich kann man schlechte Leistungen einfach auf Eingewöhnungsprobleme schieben. Gleichzeitig hat man andere Prioritäten und nimmt das Studium weniger ernst: Reisen, die Kultur kennen lernen und Menschen treffen stehen meist im Vordergrund. Damit ist der Stresslevel zwar grundsätzlich höher, aber man selbst meist deutlich entspannter.
Das Arbeitspensum ist nicht unbedingt höher oder niedriger, aber vor allem anders verteilt. Manche Universitäten haben Semester, andere Trimester, Studienleistungen müssen kontinuierlich erbracht werden. Entsprechend zählt die finale Klausur nur ein Drittel bis die Hälfte der Endnote, aber Vielfach schreiben Studierende zusätzlich Zwischenprüfungen. Im Endeeffekt hat man so im Verlauf des gesamten Semesters oder Trimesters einen recht hohen Arbeitsaufwand, aber weniger Bulemie Stress vor den Klausuren am Ende der Vorlesungszeit. Außerdem haben viele Universitäten noch eine Woche Ferien in der Mitte des Semesters oder Trimesters. Während zwischen den Semestern oder Trimestern selbst nur eine kurze Zeit vorlesungsfrei ist (etwa 2 Wochen) hat man im Sommer drei bis vier freie Monate. In dieser Zeit kann man jedoch auch Blockkurse belegen. Viele kanadische Studierende nutzen diese Zeit auch zum arbeiten, um die hohen Studiengebühren aufbringen zu können.
Prüfungsleistungen
Es ist üblich, dass mehrere Prüfungsleistungen für ein Modul erbracht werden müssen, diese werden miteinander verrechnet. So kann man ein Modul bestehen, auch wenn man durch eine der Teilprüfungen gefallen ist. Über das gesamte Semester bzw. Trimester fallen kontinuierlich diverse Leistungsüberprüfungen an. Die klassischen sind:
- Final exams
- Mid terms
- Essays
- Excercises
- Presentations
Meist wird ein Modul zusammengestellt aus zwei Klausuren und einer anderen Leistung. Aber nicht in allen Fächern werden Mid terms durchgeführt, die Lehrenden haben hier große Freiheiten.
Notensystem
Leider gibt es kein einheitliches Notensystem sondern Unterschiede von Provinz zu Provinz. Außerdem können unterschiedliche Anforderungen gelten, je nachdem, ob man im Bachelor oder Master studiert. Selbst zwischen unterschiedlichen Universitäten und Fakultäten kann es Unterschiede geben. Es wird – wie in den USA – ein Buchstabensystem verwendet, welches von A bis F reicht (wobei E ausgelassen wird). A ist die Bestnote, F die schlechteste, wer ein F erreicht ist durchgefallen. Bei welchem Prozentsatz ein F vergeben wird kann jedoch sehr unterschiedlich sein. In allen Provinzen außer Québec benötigt man 50%, um zu bestehen, in Quebec sind es 60%, also muss mindestens ein C erreicht werden. In Ontario werden teilweise keine Buchstaben, sondern Zahlen verwendet. Die 4 entspricht einem A, die 1 einem D, das R steht für durchgefallen. Für detaillierte Informationen über den persönlichen Fachbereich stehen immer auch die entsprechenden Fakultäten zur Seite.
2 COMMENTS
Welches Französisch-Niveau brauche ich mindestens, um an einer Universtität in Québec zu studieren? Ich habe B1, reicht das aus? Vielen Dank und Grüße aus Karlsruhe
Lieber Carsten,
zum einen gibt es natürlich nicht nur französischsprachige, sondern auch englischsprachige Univeritäten in Québec. Falls du dich für eine französischsprachige kanadische Universität bewerben möchtest musst du meist ein Sprachniveau von B2 vorweisen. Allerdings reicht es oft aus, dieses Niveau zu Beginn ührtSemesters erreicht zu haben. Du könntest also jetzt einen Sprachkurs machen, der dich zu B2 führt und dann 2019 in Kanada studieren.
Viel Erfolg bei der Bewerbung,
Dein Kanada Studium