Das Klima ist ein entscheidender Faktor bei der Frage, ob man eher ein Sommer- oder ein Wintersemester in Kanada absolvieren sollte. Den spektakuläre „Indian Summer“ mit seinen farblichen Superlativen erleben? Oder doch lieber den anschließenden, grimmigen Winter umgehen und im Sommersemester nach Kanada reisen? Wenn die Kanadier aufblühen und die warmen Temperaturen zahlreiche umsonst und draußen Aktivitäten ermöglichen? Diese Frage ist nicht für den ganzen Kontinent pauschal zu beantworten. Das Klima hängt stark von der geographischen Verortung der jeweiligen Gastuniversität ab.
Wenn du dich näher damit auseinander setzen möchtest, welche Stadt zu dir passt und wo es sich am besten wohnt und lebt hilft dir dieser Artikel.
Ostküste
Gerade als Austauschstudent sucht man das Besondere, das Markante. Dinge, die zu Hause nicht zu finden sind. Der Herbst ist in seiner Schönheit kaum zu überbieten. Die Landschaft sieht aus, als hätte man sie durch einen Instagram Filter gejagt, was zum einen am Klima, aber auch an der Zusammensetzung der Baumarten liegt. Ahorn, ganz besonders Zuckerahorn prahlen mit intensiven Rottönen. Lärche und Birke nehmen ein kräftiges gelb an, während die anderen Nadelbäume grün bleiben. Ein wirklich, wirklich beeindruckendes Schauspiel, das den Oktober prägt.
Auch der Winter fällt in die Kategorie spektakulär – und wie die Kanadier damit umgehen. Es ist beeindruckend, wie selbst die gewaltigen Schneemassen den Verkehr nicht zum erliegen bringen. Wie Kanadier bei -20 Grad und kälter draußen Feste feiern. Viele spezifische Bräuche kann man nur in diesem Zeitraum erleben. Darunter fällt z. B. Thanksgiving und der großartige Kürbiskuchen, der dann gebacken wird. Oder zahlreiche Feste und Bräuche rund ums Ahornsirup (cabane à sucre, tire d’érable). Aber auch die Weihnachtsumzüge, die am ehesten an unseren Karneval erinnern, nur eben mit lauter Elfen und Rentieren. Und natürlich Halloween, was auch in Kanada die ganz große Sache ist! Vorallem hat man aber die Chance, alleerdenklichen Wintersportarten auszuprobieren. Viele sind recht kostengünstig zu realisieren. Für manche, wie das Tubbing (sieht aus, als würde man im Schlauchboot rodeln) braucht man noch nicht einmal sportlich zu sein.
Montreal, Ottawa, Toronto
In Montreal, Toronto, Ottawa und Umgebung fällt im Winter mehr Schnee als in Moskau. Der Winter beginnt meist schon im November mit grimmigen Temperaturen und lässt oft erst im April nach. Frühling und Herbst sind meist kurz aber auch unheimlich intensiv. Schneehöhen von mehr als 1 cm werden an ungefähr 65 Tagen in Toronto, 109 Tagen in Montreal und 120 Tagen in Ottawa gemessen.
In Ottawa kann man auf dem im Winter meist gefroren Rideau Kanal seinen Spaß an 8 km Schlittschuhstrecke haben. Montreal und Ottawa haben ein halbkontinentales Klima mit einem warmen, feuchten Sommer und einem sehr kalten Winter. In Montreal gibt es mehr Wind deswegen oftmals gefühlt tiefere Temperaturen. Torontos Klima wird durch sein e Lage am Ufer des Lake Ontario bestimmt. Das Wasser im See sorgt dafür, dass Toronto im Winterwärmer und im Sommer kühler ist als in Ottawa und Montreal. Außerdem sind die großen Seen die Ursache für Torontos Sommerfeuchtigkeit, die vielen Menschen unangenehm ist.
Leider befinden sich die meisten Städte zu weit südlich, um Nordlichter zu sehen. Montreal liegt beispielsweise auf der gleichen Höhe wie Mailand. Aber dafür gibt es – je näher an der Küste desto wahrscheinlicher – s. g. Lichtsäulen zu bestaunen. Dabei reflektieren in der Luft schwebende, hexagonale Eiskristalle das Licht säulenartig. Ebenfalls ein wirklich beeindruckendes Schauspiel!
Unsere Empfehlung: Wenn du diese Städte kennen lernen willst und ihre Kultur begreifen, musst du den Winter gesehen haben!
Atlantikküste
Im äußersten Osten ist die Situation wiederum anders. Das Klima in Halifax weit weniger extrem als in Toronto, Ottawa oder Montreal. Dies ist eine Folge seiner Lage an der Küste des Atlantischen Ozeans. Die Temperaturen im Winter sind höher und die Sommertemperaturen sind niedriger als in Städten im Landesinneren, dafür das Gebiet notorisch vernebelt. Die Kultur ist weniger stark mit dem Winter verbunden, dafür maritimer.
Unsere Empfehlung: Es eigenen sich Winter- und Sommersemester gleichermaßen, um profunden Einblick in Leben und Kultur der Atlantikküste zu bekommen.
Präriestaaten
Für Zentralkanada gilt ähnliches wie für den Osten nur, dass hier die Unterschiede zwischen Sommer und Winter noch ein wenig heftiger ausfallen. Die Winter in den Präriestaaten sind kalt, schneereich, gefrorene Seen, verschneite Weiten und Wintersport sind ein unerlässlicher Bestandteil des Winters. Einen solchen zu erleben sagt mehr aus über die Kanadier an sich, als noch so viele Bücher, die man zum Thema lesen kann. Die Sommer sind wiederum ebenso kurz wie intensiv. Die Übergangsjahreszeiten kaum existent.
Besonders Alberta ist sehr gebirgig und damit perfekt zur Skiabfahrt geeignet. Zudem verfügt die Provinz über weitläufige Nationalparks. Eisklettern, Schneescouter, Hundeschlitten, Schneeschuhe – jede Menge cooler Aktivitäten, die sehr unterschiedliche finanzielle Mittel voraus setzen. Die meisten Universitäten bieten über studentische Sportgruppen die Möglichkeit, Equipment zu leihen. Das Klima in Alberta weicht teilweise von den Wetterverhältnissen der anderen Prairiestaaten ab, da der Wind Chinook warme Luftmassen nach Alberta transportiert. Calgary hat ein Prärie-Steppen-Klima. Das Wetter ist zumeist sonnig, sogar im Winter. Die meisten der insgesamt geringen Niederschläge fallen im Sommer. Nicht umsonst wurde hier bereits eine Winterolympiade ausgetragen. Winnipeg kann gelegentlich nahezu brutale Wintertemperaturen ausgesetzt sein. Kanadier in anderen Provinzen witzeln deswegen auch über „Winterpeg“, Manitoba.
Unsere Empfehlung: Wenn du die Prärieregion kennen lernen willst und ihre Kultur begreifen, musst du den Winter gesehen haben!
Westküste
Es liegt nicht nur an den Temperaturen, sondern auch an der Mentalität und an den hohen Immobilien Preisen, aber Vancouver gilt auch als Florida Kanadas. Es herrschen allgemein wesentlich gemäßigtere Bedingungen vor, entsprechend sind die Winter wenig schneereich und spannend, stattdessen ist eher Nieselregen angesagt. Damit gehört diese Jahreszeit auch weniger zur Kultur. Schneehöhen von mehr als 1 cm werden an ungefähr 10 Tagen jedes Jahr in Vancouver gemessen, verglichen mit ungefähr 65 Tagen in Toronto ist das sehr wenig. Allerdings hat Vancouver eines der feuchtesten und nebligsten Wetter Kanadas. Neben dem feuchten Winter genießt Vancouver einen ausgezeichneten Sommer.
Vancouver unterscheidet sich auch von den meisten anderen kanadischen Städten dadurch, dass es einen echten Frühling und Herbst aufweisen kann. Durch den gemächlicheren Temperaturanfall und die nadelbaumlastigere Artenzusammensetzung der Wälder gibt es einen weniger spektakulären Indian Summer als im Osten.
Unsere Empfehlung: Die Westküste und Vancouver machen im Sommer deutlich mehr Spaß als im Winter!
Fazit
Wer Kanada erleben will und den Winter scheut verpasst eine ganze Menge, dass er oder sie über dieses Land lernen könnte. Auch des Herbsts wegens empfehlen wir, eher ein Wintersemester in Kanada zu verbringen. Ausnahme ist die Westküste und die Atlantikküste. Hier sind die Winter wenig spannend und oft sehr verregnet. Wer natürlich die Chance hat, ein ganzes Jahr in Kanada zu verbringen und alle Jahreszeiten mit zu erleben ist zu beneiden und sollte diese Möglichkeit definitiv nutzen!