Wie in jedem Land variieren auch in Kanada die Mietpreise sehr stark. Manche Städte haben eine wirklich prekäre Wohnungsmarktsituation (z. B. Vancouver), andere (z. B. Montreal) sind eher günstiger als hippe deutsche Großstädte und verfügen zudem nicht einmal über „schlechte Ecken“, die man meiden sollte. Wer Downtown wohnen möchte, muss mit sehr hohen Mietpreisen rechnen-Wer so weit außerhalb wohnt, dass keine Metroanbindung mehr besteht, muss sich auf längere Pendelzeiten einstellen, wenn die Busse in der Rush Hour im Stau stehen. Über den Daumen gepeilt sind die Mieten an der Pazifikküste doppelt so hoch wie im restlichen Land. Die Atlantikprovinzen sind dafür vergleichsweise günstig.
Wie in Europa sind Kleinstädte und Land preiswerter, die öffentlichen Verkehrsmittel sind aber meist weniger ausgebaut, deswegen kann es für eine solche Wohnsituation notwendig sein, ein eigenes Auto zu besitzen. In den kalten Regionen können die Heizkosten sehr hoch ausfallen. Grundsätzlich muss man bis zu 50% seiner Gesamtausgaben für Miete und Nebenkosten einkalkulieren.
In welcher Stadt lebt es sich am besten?
Wo ist der beste Ort zum Leben? Welche Stadt hat eine besonders hohe Lebensqualität? Wenn man diese Frage einer Person aus Kanada stellt, wird er mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit die Stadt nennen, in der sie selbst zu Hause ist. Wo ist der beste Ort zu studieren? Diese Frage beantworten Rankings eindeutig: Montreal.
2017 hat die bilinguale Metropole Paris vom Thron der weltweit beste Stadt für Studierende verdrängt, und das hat seine Gründe! Aber auch Toronto erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Die meisten internationalen Studierenden bevorzugen sowieso die großen Metropolen, da sie ja etwas Exotisches und zugleich Typisches für ein Land erleben wollen und die großen Städte einfach exzentrischer und dynamischer sind als die Provinz. Grundsätzlich bietet der Osten – und ganz besonders Montreal – den angenehmen Nebeneffekt, dass die Städte europäischer sind und viele Liebgewonnene Eigenheiten und Lebensmittel dort viel einfacher zu finden sind.
Was sagen die Rankings?
In kanadischen Rankings bezüglich der besten Stadt des Landes landet zudem Ottawa seit Jahren weit oben und hat nun 2017 zum zweiten Mal in Folge den ersten Platz errungen. Wer noch ein bisschen mehr herumspielen möchte findet bei Moneysenes ein interaktives Tool, in dem man die Wichtigkeit verschiedener Faktoren wie Stabilität der Wirtschaft oder das Wetter selbst einstellen kann und dann entsprechend die attraktivste Stadt ausgespuckt bekommt.
Regionale Rivalitäten
Und auch Kanada zelebriert seine kleinen regionalen Städterivalitäten. Edmonton vs. Calgary. Vancouver vergleicht sich häufig mit Toronto. Montreal entweder mit Toronto oder gleich mit einer europäischen Metropole. Toronto hält keine Stadt für vergleichbar, zumindest in Kanada. Ottawa liegt weniger im Fokus und scheint bei diesen kleinen Neckereien nicht mit zu machen.
Zudem ist sie bei Studierenden der Politikwissenschaften als Zentrum der Macht äußerst beliebt. Ottawa ist eine sichere und erschwingliche Stadt, die nicht in der Immobilien-Raserei verfangen ist, wie dies in Vancouver, allgemein gesamt British Columbia oder Golden Horseshoe der Fall ist. Es bietet einen guten Zugang zur Gesundheitsversorgung und verfügt über eine blühende Kulturszene. Gleichzeitig hat die Stadt einen langweiligen Ruf, der ihr aber nicht gerecht wird.
Trotzdem ist die Party-Szene und die Lebensgeschwindigkeit in Toronto wesentlich höher. Montreal trumpft durch seine vielschichtigen kulturellen Einflüsse auf. Vancouver durch sein mildes Klima und die Tatsache, dass es landschaftlich sehr schön gelegen ist. Die atlantischen Provinzen haben kaum große Städte zu bieten und deswegen auch wenig Renommee als Studienstandort. Allerdings ist Hallifax eine ernstzunehmende Stadt für Studierende mit mehreren Universitäten. Die Präriestaaten gelten als reich aber konservativ, vor allem Alberta wird oft als das Texas Kanadas bezeichnet.
Ist Kriminalität ein Thema?
In manchen kanadischen Großstädten gibt es – wie wohl in jedem anderen Land auch – Bereiche mit erhöhter Kriminalität, die man eher meiden sollte. Die Innenstädte sind oft nicht bezahlbar. Manche Städte (z. B. Montreal) haben allerdings überhaupt keine Probleme dieser Art und man kann auch als Frau nachts alleine überall herum laufen, ohne sich bedroht zu fühlen. Grundsätzlich unterstützen die meisten Universitäten ihre Internationalen bei der Suche nach einer Unterkunft, es lohnt sich also, auch einmal die Seite des internationalen Büros nach Hinweisen, Tipps und Links zu durchstöbern.
Winnipeg gilt als die kriminellste Stadt Kanadas. Sie war 2007 bis 2011 „Mordhauptstadt“ des Landes[1], seit 2009 liegt die Stadt auch bei den Gewaltverbrechen vorne. Die Verbrechen konzentrieren sich vor allem auf den innerstädtischen Bereich, in dem etwa 20% der Stadtbevölkerung leben[2]. Allerdings hat sich die Situation in den vergangenen Jahren enorm verbessert, Probleme wie Autodiebstahl sind seit den 2000ern stark zurück gegangen.
Insgesamt ist Kanada ein äußerst sicheres Land, die Tötungsdelikte, Raub und sexuelle Belästigung liegen allesamt deutlich unter den statistischen Werten der Vereinigten Staaten[3]. Kanada hat kein Schusswaffenproblem, wie es im zumindest flächenmäßig kleineren Nachbarn der Fall ist. Im Vergleich mit Europa (am Beispiel von Schottland) liegen die Tötungsdelikte gleich auf, allerdings sind Raub und sexuelle Belästigung in Kanada häufiger. Natürlich hinken solche Vergleiche auch immer an der Tatsache, dass sich Rechtssysteme und damit die Delikte, die in die Statistiken mit einfließen, stark unterscheiden. Bevor man in eine Stadt zieht lohnt es sich trotzdem, einen Blick auf Viertel zu werfen, in denen es sich preiswert und gut lebt.
Welche Wohnformen gibt es und welche ist für mich die beste?
1. Studierendenwohnheim (Hall of residence/Résidence)
Vorteile | Nachteile |
· Von Deutschland aus relativ leicht zu organisieren
· Inklusive Nebenkosten · Meist flexible Einzugs- und Auszugsdaten · Meist möbliert |
· Kleine Zimmer
· Meist kein eigenes Bad und keine Kochnische · Teilweise muss ein Meal Plan genommen werden · Teilweise sehr anonym |
Es gibt einige Vorteile, die Wohnheime für Studierende gerade für Austauschstudierende bieten: meist ist es vergleichsweise einfach, ein Zimmer bereits im Voraus ohne Besichtigung zu mieten. Da die Zimmer zentral verwaltet werden, geht mein kein allzu großes Risiko ein, einen Vertrag abzuschließen, ohne das Zimmer je gesehen zu haben. Zudem kann man meist für einen sehr kurzen Zeitraum mieten und hat auch sehr gute Konditionen, was die Kündigungsfristen anbelangt. Man sollte hier mit 45 Tagen rechnen, gleichzeitig ist eine Verlängerung häufig auch eher unproblematisch. Die meisten Wohnheime für Studierende befinden sich zudem auf dem Campus oder zumindest in Campusnähe. Internet und andere Nebenkosten sind meist inklusive. Außerdem sind die Zimmer oft – aber nicht ausschließlich – möbliert. Wenn man ein bisschen Glück hat gibt es auch Aufenthaltsräume auf den Etagen, meist hat jedes Wohnheim ein Komitee, das Partys und sonstige Aktivitäten veranstaltet, so dass man auch schnell Kontakte knüpfen kann.
Aufgepasst, ein paar Nachteile gibt es natürlich auch. In manchen Wohnheimen gibt es keine Küchen, stattdessen besteht die Verpflichtung, für 400 bis 600 CAD einen s. g. Meal Plan mit dazu zu buchen. Außerdem sind die Zimmer selbst oft sehr klein, es gibt Gemeinschaftsbäder und Probleme mit Lebensmitteldiebstahl. Gleichzeitig sind die Gebäude oft aus den 80ern und für die Liebhaber von Nacktbeton eine (nicht besonders) helle Freude. Zudem ist es natürlich auch nicht immer ruhig. Allerdings wohnen hier ja so gut wie ausschließlich Studierende, so dass in den Lernphasen auch alle am rotieren sind und keine wilden Partys mehr gefeiert werden.
Ich würde besonders dann eine Residency/Résidence empfehlen, wenn dich der Gedanke, in ein fremdes Land zu fliegen und dann dort gleich eine Wohnung suchen zu müssen, stresst. Außerdem bietet sie den Vorteil, dass man Zeit und Geld durch Pendeln spart.
2. Gastfamilie (Homestay)
Vorteile | Nachteile |
· Von Deutschland aus relativ leicht zu organisieren
· Inkl. Nebenkosten, Möblierung, teilw. Verpflegung · Kontakt mit Kanadiern |
· Nicht unbedingt zentral gelegen
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Diese Möglichkeit ist weit mehr im englischsprachigen Kanada verbreitet als in Québec, aber auch hier gibt es Gastfamilien, die internationale Studierende aufnehmen. Oft ist dies eine günstige und flexible Alternative, meist sind alle Nebenkosten und zum Teil auch die Mahlzeiten im Preis mit inbegriffen. Außerdem ist es eine großartige Gelegenheit, kanadische Lebensrealitäten kennen zu lernen und nicht nur Zeit mit anderen internationalen Studierenden zu verbringen. Während viele andere Wohnformen relativ strikt sind, was mögliche Termine und die Mindest- oder Maximaldauer des Aufenthalts betrifft, sind diese Fragen hier in der Regel wesentlich entspannter. Allerdings wohnen die meisten Familien, die viel Platz haben, auch eher außerhalb, so dass gependelt werden muss. Dafür erfährt man die berühmte kanadische Gastfreundlichkeit am eigenen Leib.
Man sollte sich auf jeden Fall bereits im Voraus auf die Suche begeben, Homestay funktioniert meist nicht spontan. Drei große Webseiten helfen bei der Vermittlung zwischen Gastgebern und suchenden Studierenden und bieten die Möglichkeit, bereits von zu Hause aus eine Gastfamilie zu finden. Die angegeben Kosten sind überwiegend pro Monat, manchmal aber auch pro Woche.
Folgende Plattformen vernetzen Studierende und die Familien, die Homestay anbieten:
3. WG (Shared House/Shared Apartment/Collocation/Coloc)
Vorteile | Nachteile |
· Kontakt mit Kanadiern
· Nebenkosten werden geteilt · Meist günstig (abhängig von Stadt) |
· Kaum aus Deutschland zu organisieren
· Für sehr kurze Zeiträume mitunter schwierig |
Ebenso wie in Deutschland ist WG als Wohnmodell genauso beliebt wie auch gängig, allerdings gibt es in Nordamerika weniger mehrstöckige Häuser innerhalb der Wohngebiete und so oft den Fall, das seine WG gleich ein ganzes Haus zur Verfügung hat. Auch hier kann man Glück haben und ein möbliertes Zimmer erwischen, dies ist jedoch bei weitem nicht immer der Fall. Teilweise muss im Voraus für den ersten Monat bezahlt werden, wenn man sich bereits eine Unterkunft aus dem Ausland sucht, Kautionen sind aber nicht unbedingt üblich. In Städten mit einem entspannten Mietmarkt macht es Sinn, sich die WG erst nach Ankunft in Kanada zu suchen, wenn jedoch Wohnungsmangel herrscht muss man sich bereits im Voraus kümmern.
Man sollte jedoch zumindest einen Skypetermin vereinbaren, sich die Wohnung auf diese Weise zeigen lassen und mit dem Vermieter persönlich sprechen, um ein Gefühl für die Person zu bekommen und eine etwas höhere Sicherheit zu haben. Die Nebenkosten teilt man sich auch in Kanada unter allen Mitbewohnern.
Um online ein Zimmer zu finden bieten sich oft lokale Facebookgruppen an. Darüber hinaus gibt es einige große Portale, die Mitbewohner und WG Zimmer Kanada weit vermitteln. Teilweise hängen auch die Universitäten mit Adressen registrierter Vermieter aus oder man kann einfach durch den gewählten Stadtteil spazieren, freie Wohnungen werden meist als solche gut sichtbar deklariert. Der notwendige Papierkram bezüglich eines Mietvertrages ist eher entspannter als in Deutschland.
Folgende Plattformen können dir helfen, ein WG Zimmer zu finden. Zusätzlich lohnt es sich aber auch, einen Blick in stadtspezifische Facebookgruppen zu werfen. Diese sind meist dynamischer und stark frequentiert:
4. Eigene Wohnung
Vorteile | Nachteile |
· Hohe Kosten
· Nicht möbliert · Große individuelle Freiheiten |
· Kaum aus Deutschland zu organisieren
· Für kurze Zeiträume schwierig |
Kleine Wohnungen für eine Einzelperson werden in Kanada meist als Bachelor-Sized bezeichnet. Je nachdem, wie sehr die Region oder Stadt vom studentischen Leben geprägt ist oder nicht kann es unter Umständen einfacher sein, eine kleine eigene Wohnung zu finden, besonders auf dem Land. In großen beliebten kanadischen Städten ist diese Variante zumeist die teuerste. Außerdem können die Nebenkosten höher sein, wenn man sie nicht mit anderen teilen kann, die Preise sind meist nicht im Mietpreis enthalten. Wenn die Angaben diesbezüglich nicht eindeutig sind sollte man auf jeden Fall nachfragen.
Wohnungen in Kanada kann man ganz klassisch in der Rubrik Kleinanzeigen der lokalen Zeitungen, in Bibliotheken und auf dieser Seite finden wie Kijiji und Craigslist finden. Newcomer Facebook-Gruppen können ebenso wie bei der WG Suche auch bei Appartments sehr hilfreich sein. Auch hier macht es Sinn, durch die bevorzugten Nachbarschaften zu spazieren, da die Vermieter Schilder außerhalb ihres Hauses platzieren, um freie Wohnungen zu bewerben. So kann man gleich das Umfeld kennen lernen, ist allerdings darauf angewiesen, sehr schnell nach Ankunft Glück zu haben.
Vermieter verlangen in der Regel Informationen über die finanziellen Möglichkeiten, die Miete zu zahlen, bevor Sie einen Mietvertrag anbieten. Typische notwendige Dokumente sind dabei:
- Ein Nachweis des Jahreseinkommens, falls es so etwas gibt oder eine Bürgschaft der Eltern.
- Kontoauszüge, die zeigen, dass entsprechende Erspanisse vorliegen, um die Miete für die Dauer des Aufenthalts zu zahlen.
- Referenzen von früheren Vermietern.
Die beiden ersten Dokumente sind in der Regel bereits für die Beantragung des kanadischen Studierendenvisums notwendig.
Grundsätzlich würde ich eine eigene Wohnung nicht empfehlen, da man meist über eine WG, das Wohnheim oder die Gastfamilie bereits sehr viel über Land und Leute lernt und diese Möglichkeit so nicht besteht. Zudem ist es die teuerste und die organisatorisch anstrengendste Variante.